Irische Kartoffeln und kolumbianische Bananen

Was um alles in der Welt haben irische Kartoffeln und kolumbianische Bananen miteinander gemein, mag man beim Lesen dieser Überschrift denken. Nun, mehr als man zunächst annehmen möchte und dies möchte ich in diesem Text herausarbeiten.

Man kann bei einer Reise durch Irland sicher sein, ganz gleich an welchen Ort man gelangt, mit zwei einschneidenden Wegmarken der irischen Geschichte konfrontiert zu werden: 1845-49 und 1916. Beides ist inhaltlich eng miteinander verbunden und für das irische Selbstverständnis prägend. Kommt man als Deutscher in der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte nicht an den Jahren 1933-45 oder dem Ersten Weltkrieg vorbei oder den Jahren 1989/90 in der jüngeren Geschichte, so ist für Irland „The Great Famine“ von 1845- 49 ein mindestens ähnlich grundsätzliches Ereignis der kollektiven Erinnerung des Volkes wie es die militanten Aktionen in Folge des Osteraufstandes 1916 sind, welche schließlich zur Unabhängigkeit von Großbritannien führten. Sicher, bereits bei unserer ersten Tour durch Irland waren wir diesem Kapitel irischer Geschichte bei zahlreichen Gelegenheiten begegnet. „The Fields of Athenry“, die mutmaßlich inoffizielle Hymne Irlands, zumindest jedoch die seiner Fußballnationalmannschaft, befasst sich ebenso mit der der großen Hungersnot und ihrer sozialen Folgen wie zahlreiche andere Kunstwerke in Literatur, Bild und Ton.

So richtig und vollkommen bewusst wurde mir die Bedeutung der „Great Famine“ für Irland allerdings erst bei einer anderen Gelegenheit: Als ich dieses Jahr an einer Bootstour im Killary Harbour, dem einzigen großen Fjord an der irischen Westküste teilnahm. Links und rechts an den Ufern des Fjordes konnte man, wie an vielen anderen Orten in Irland auch die typischen romantischen Überreste von Steinmauern und Feldeinzäunungen erkennen, welche prägend für die gängigen Bilder des irischen Westens sind. Gerade auch mit niedlichen Schafen oder Eseln dahinter sind diese Steinmauern ein regelmäßig wiederkehrendes Postkartenmotiv. Während wir noch den Anblick der Landschaft und die Romantik der Szenerie genossen, erklärte der Tourguide auf dem Boot: „Was Sie hier sehen, sind die Überreste zahlreicher kleiner Bauernhöfe, die Anfang der 19. Jahrhunderts hier vor der großen Hungersnot entstanden waren. Hier wurden überwiegend Kartoffeln und Gemüse für die Eigenernährung der Landbevölkerung angebaut. Diese Gegend wurde dann ab 1845 weitgehend entvölkert, als ca. 2 Millionen Iren das Land verließen; 1 Million gingen in die „Neue Welt“ jenseits des Atlantik und 1 Million in die „Nächste Welt“, die wir alle eines Tages betreten werden.“

Ich muss zugeben, diese Formulierung berührte etwas in mir. Vielleicht, bewegte es mich, weil diese lakonisch dahingesagten Worte mit der darin enthaltenen brutalen Aussage so gar nicht zu dieser traumhaft idyllischen, friedlichen Landschaft passen wollten. Vielleicht war es auch, weil wir Tage zu vor eine jener Gedenkstätten gesehen hatten, die sich mit einem der zahlreichen Einzelschicksale hinter diesen Zahlen beschäftigen. „Dan O’Haras Farm“. Die Geschichte von Dan O’Hara ist schnell erzählt, auch, weil sie so typisch für jene Zeit ist: Ein Farmer in Connemara, der mit seiner Familie seine eigene kleine Parzelle als Pächter bewirtschaftet. Im Zuge der großen Hungersnot, befeuert auch durch die wirtschaftsliberalen Gesetze, welche die englische Verwaltung seinerzeit als Reaktion auf die Hungersnot erließ – es war die Hochphase des „Manchesterkapitalismus“ in Großbritannien – „entschloss“ auch Dan O’Hara sich dazu, sein weniges Hab und Gut zu verkaufen und mit seiner Familie in die USA auszuwandern. „Entschloss“ ist hier eher als Euphemismus zu verstehen, weil es faktisch wohl eher einer Vertreibung glich; er konnte schlicht die gestiegene Pacht für Grund und Boden nicht mehr zahlen. Die Passage in die USA erfolgte auf einem der „Coffin Ship“ genannten Auswandererschiffe. Seine Frau und drei der fünf Kinder starben während der Überfahrt an Krankheiten, die sie sich angesichts der katastrophalen hygienischen Zustände dort zugezogen hatten. Einfacher und ungebildeter Landarbeiter, der er war, fand er in New York keine Arbeit und starb nach kurzer Zeit in der neuen Welt einsam und verarmt fern seiner Heimat.

Möglicherweise hatte mich die Schilderung während der Bootstour aber auch so bewegt, weil ich selber in meiner Biographie eine Periode radikaler sozialer Verwerfungen und Abwanderung miterlebt hatte. Ich stamme aus der ehemaligen DDR, aus Magdeburg. Zu Zeiten der DDR war die Stadt ein Zentrum der Schwermaschinenindustrie und des Anlagenbaus. All dies brach im Zuge der „Wende“ und der Wiedervereinigung zusammen, als es erstmals unter den Bedingungen des freien Marktes der Konkurrenz des Westens ausgesetzt wurde. Magdeburg stand 1989 an der Schwelle zu 300.000 Einwohnern; zu Anfang der 2010er Jahre waren es trotz weiterer Eingemeindungen und einer deutlichen Vergrößerung des Stadtgebietes noch 230.000 Einwohner. Ein Rückgang um ca. 25 Prozent. Für Irland finden sich für die Jahre 1841, also vor der Hungersnot, und 1851, also danach, die Bevölkerungsangaben von 8,18 und 6,5 Millionen, was einen Rückgang um ca. 20 Prozent ergibt. In den Folgejahren bis hin zum ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts schrumpfte die Bevölkerung Irlands weiter bis auf 4,2 Millionen, also um weitere gut 30 Prozent.

Diese Größenordnungen und der Vergleich mit meiner eigenen Heimat gingen mir das erste Mal wirklich bewusst durch den Kopf, als ich dort im Killary Harbour in der Sommersonne auf jene Mauerreste blickte. Der Bevölkerungsrückgang in meiner Heimatstadt, der ja auch ich 1996 den Rücken zugekehrt hatte, war also noch dramatischer als jener unmittelbar im Zuge der Hungersnot vor über 150 Jahren in Irland. Und doch ist er weniger bewusst und in den Köpfen präsent; wohl auch, weil er -zum Glück- nicht zur Hälfte auf Hungertote zurückgeht und sich auch über einen längeren Zeitraum abspielte, als jene Ereignisse damals. Hinter jeder dieser Auswanderergeschichten steckt ein Schicksal, ein Menschenleben, nicht jedes davon ist eine Erfolgsgeschichte geworden so wie glücklicherweise mein eigenes. Die irische Kultur kennt unzählige Lieder wie jenes über Michael, der von Frau und Kind und seine Feldern in Athenry getrennt wird um als Sträfling nach Australien geschickt zu werden, weil er dem englischen Kolonialverwalter Charles Trevelyan Korn vorenthalten hat oder jenes über Dan O’Hara, der in New York versucht, Streichhölzer zu verkaufen und kurz vor seinem elenden Ende noch von seinem Leben in Connemara erzählt. Irland hat heute 150 Jahre nach der Großen Hungersnot wieder gut 6,6 Millionen Einwohner.

Zwei Umstände findet man in der Literatur als wesentliche Ursachen dafür, dass die Hungersnot im vorletzten Jahrhundert in Irland diese katastrophalen Folgen hervorrufen konnte: Erstens war die irische Landwirtschaft seinerzeit in weiten Teilen eine Monokultur. Zumindest in dem Teil, welcher die Versorgung der irischen Bevölkerung anbelangte. Das Land in Irland gehörte seinerzeit wenigen meist englischstämmigen Großgrundbesitzern, die es an die irische Bevölkerung verpachteten. Um die Pacht zahlen zu können, wurde quasi als „cash crop“ Weizen angebaut. Für den Pächter selber musste ausreichen, was neben der Weizenproduktion übrig blieb. Mit der Einführung der Kartoffel stand hier alsbald eine billige und weitestgehend anspruchslose Nahrungsquelle zur Verfügung; die Bevölkerung wuchs dank der Kartoffel und ihrer stabil guten Erträge explosionsartig auf jene zuvor erwähnten 8 Millionen an. Zugleich begab man sich aber auch in eine Abhängigkeit auf Gedeih und Verderb von dieser Pflanze. Als 1845 die „Kartoffelfäule“, ein für die Pflanze tödlicher Pilz eingeschleppt wurde, traf dieser die Lebensmittelversorgung der irischen Bevölkerung, die fast ausschließlich auf eben jener Pflanze beruhte, ins Mark.

Die zweite Ursache für das verheerende Ausmaß jener Katastrophe liegt in den Dogmen des „Manchesterkapitalismus“, welcher Mitte des 19. Jahrhunderts das Denken und Handeln der britischen Regierung bestimmte. Ein Eingreifen des Staates in Fragen der Wirtschaft aus sozialen Motiven war Tabu. Der freie Markt würde es schon alles wieder richten. Allerdings war das einzige, was der freie Markt seinerzeit anrichtete, dass der Weizenexport AUS Irland heraus sprunghaft anstieg und die Anbauflächen für Getreide vergrößert wurden. Weil es auch in anderen Teilen Europas aufgrund der Kartoffelfäule zu Nahrungsmittelengpässen kam, waren die Gewinnmargen für den Weizenexport aus Irland heraus deutlich gestiegen. Im ersten Halbjahr 1846 erklommen die Weizenexporte aus Irland nach Europa bis dahin nie gekannte Rekordhöhen. Versuche des britischen Premiers, Robert Peel, Hilfsmaßnahmen zu starten, scheiterten am Parlament, welches u.a. eine Einfuhr von Mais aus den USA mittels höher Zölle blockierte. Als nach einem Regierungswechsel in Großbritannien 1846 Vertreter eines noch marktradikaleren Denkens die Macht übernahmen und sämtliche staatlichen Hilfsprogramme komplett einstellten und zu allem Überfluss auch noch die Getreideernte im Herbst wegen schlechten Wetters einbrach, ging das Massensterben erst richtig los: Die Sterberate in den Armenhäusern der Insel stieg in der Folge bis 1847 auf 4,3% der Insassen. Pro Woche. Wie John Mitchel, einer der führenden Vorkämpfer des irischen Nationalismus jener Tage sagte: „Der Herrgott sandte uns die Kartoffelfäule, aber es waren die Engländer, die die Hungersnot schufen.“

Und was, möchte man nun fragen, hat dies alles mit der kolumbianischen Banane zu tun? Nun, auch heute sind große Bevölkerungsgruppen auf Gedeih und Verderb vom Anbau einiger weniger Pflanzen abhängig, den „cash crops“ unserer Tage. Eine dieser Pflanzen ist die Banane. Sie spielt zwar für die Ernährung in den Herkunftsländern weniger eine Rolle, dafür ist sie der stabile Garant für Exporteinnahmen. In der Analogie zum Irland des Jahres 1845 ist sie somit eher der Weizen, denn die Kartoffel. Gleichwohl ist eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen unmittelbar von ihr abhängig. Und von wenigen weiteren „cash crops“ – Soja, Ananas, Avocados, Ölpalmen. Bei den meisten jener Pflanzen ist es dann auch nur eine bestimmte Art jener Gattung, die aus Gründen der agrarökonomischen Optimierung, in Monokulturen großflächig angebaut wird. Andere Nutzungen landwirtschaftlicher Flächen werden immer häufiger durch den Anbau von „cash crops“ verdrängt. Im Fall der Banane reden wir von der „Cavendish-Banane“, die seit den 1950er Jahren über 90% der weltweit angebauten Bananen ausmacht. Eine Monokultur also wie ehedem bei der irischen Kartoffel. Schlimmer noch, da die Cavendish-Banane in der Regel „parthenokarp“, also ohne Befruchtung sondern lediglich durch „Ableger“ einer Mutterpflanze vermehrt wird, ist die genetische Varianz unter den Bananenpflanzen minimal; in weiten Teilen sind Pflanzen sogar genetisch identisch. Nicht nur eine Monokultur, sondern gar eine inzestuöse Monokultur. Die natürlichen Abwehrkräfte ganzer Großplantagen gegen eine plötzlich auftauchende Bedrohung dürfte mit „Null“ zu bewerten sein.

Und diese Bedrohung könnte sich am Horizont abzeichnen: Ein „TR4“ genannter Pilz, „Tropical Race 4“ befällt vorzugsweise die Cavendish-Banane, die über keinerlei Abwehrmechanismen dagegen verfügt. Wissenschaftler in den betroffenen Ländern sowie im Auftrag der großen Obst-Import-Export-Multis arbeiten hektisch an Gegenmitteln, bislang jedoch ohne den durchschlagenden Erfolg. Parallel sucht man nach anderen Bananensorten; allerdings ist die derzeitige überragende Dominanz der „Cavendish“ ja nicht aus Jux und Dollerei zu Stande gekommen, sondern aus knallharten ökonomischen Gründen. Jeder Umstieg auf eine der noch marginal existierenden Sorten würde mindestens in der Umsetzung praktische Probleme nach sich ziehen bei Ernte, Lagerung, Transport, Kundenakzeptanz, Ertragsraten etc…
Bereits der Vorgänger der „Cavendish-Banane“, die „Gran Michel“ bzw. „Jamaikabanane“, war in den 50er Jahren Opfer eines Schädlings geworden, welchem die Großplantagen seinerzeit hilflos ausgeliefert waren. Nur so kam es zur globalen Dominanz der Cavendish.

Auch bei anderen Pflanzen- und Tierarten hat die moderne globale Menschheit sich auf einige wenige Arten und Sorten spezialisiert, jede auf ihre Art und Weise auf Ertragsmaximierung und Resistenz gegen bekannte Krankheitserreger optimiert. So sehr optimiert, dass jede Abkehr von einer dieser Arten zumindest kurzfristig zu erheblichen Anpassungsproblemen, Versorgungsengpässen oder Gewinneinbrüchen führen würde. Die Ernährung unsere Gesellschaften beruht auf wenigen Säulen, die allesamt sehr aufwändig auf maximale Traglast und möglichst geringen Durchmesser getrimmt wurden. Alles, was an Flora und Fauna nicht aus unserer menschlichen Betrachtung heraus für uns nützlich erscheint, wird zum „Störenfried“, zum „Unkraut“ oder zum „Schädling“ und muss ausgetilgt werden. Wir Menschen gestalten die Welt nach unseren Kriterien von Nützlichkeit und nach unserem Willen. Die Werkzeuge dafür haben uns die Evolution und vor allem die Evolution des menschlichen Geistes – die Wissenschaft in die Hand gegeben. „Macht die Welt Euch Untertan!“ war die Forderung im Alten Testament. Wir haben diese Forderung sehr erfolgreich in die Tat umgesetzt. Unser Sieg war total. Nun wird er totalitär. Gottgleich entscheiden wir, was leben darf und was nicht. Wir sind, derzeit, der einzige relevante Faktor für die „Natürliche Zuchtwahl der Arten“, wie Charles Darwin es nannte. Was passiert aber, wenn durch plötzlich auftretende Krankheiten, Viren, Mutationen oder Veränderungen des Klimas in den jeweiligen Anbaugebieten eine oder gar mehrere dieser Säulen wegbrechen sollte?

Das historische Beispiel Irlands zeigt, dass wir für diesen Fall nicht auf die Hilfe oder Steuerungsmechanismen des Marktes vertrauen sollten. Der Markt beschreibt lediglich einen Mechanismus, welcher für alle Fragen außerhalb ökonomischer Optimierungsprobleme blind ist. Die Akteure auf dem Markt gilt es in den Blick zu nehmen und hier gibt es wenig Anlass zu glauben, dass die Menschen des Jahres 2019 wesentlich ethischer oder weniger gewinnorientierter handeln würden als jene englischen Großgrundbesitzer aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Aktuell kann man bereits beobachten, wie in wasserarmen Regionen dieser Welt gleichwohl für den Export Kaffee, Avocados oder andere Exportfürchte angebaut werden. Zum Teil unter Nutzung ausgeklügelter Bewässerungstechniken. Somit können Konzerne Geld dort verdienen. Der lokale Kleinbauer verdient nicht. Er wird durch billige Importe von Grundnahrungsmitteln oder die Wasserknappheit vor Ort aus dem Geschäft gedrängt, kann sich allenfalls als Hilfsarbeiter auf den Exportplantagen der Großgrundbesitzer für seinen Lebensunterhalt verdingen. Zum Mindestlohn, versteht sich. Andernorts kommen Konzerne ins Spiel, die entdeckt haben, dass sich mit knappen Gütern Geld verdienen lässt. Und trinkbares Wasser in Arabien und Afrika zunehmend ein knappes Gut wird. Mit dem Argument, dass Erschließung von Wasserquellen und Förderung Investitionen voraussetzen, wird zunehmend versucht, mit dieser Ressource Geld zu machen, ganz gleich, was dies für Landwirtschaft und Bevölkerung vor Ort bedeutet.

Was bleibt somit als Verbindung zwischen der irischen Kartoffel und der kolumbianischen Banane für mich nach diesen Überlegungen? Drei Dinge, die ich versucht habe, in diesem Text herauszuarbeiten:
Erstens: Die erfolgreiche Ertragsmaximierung bei der Nutzung einer Ressource kann zu einem erheblichen Wachstum führen, wobei allerdings das Gewachsene vom Beibehalt des maximierten Ertrages abhängig bleibt. Jeder Einbruch bei Erträgen, in diesem Fall der Kartoffel- oder Bananenernte wird mit erheblichen Erschütterungen und Verwerfungen des auf diesem Ertrag basierenden Systems führen.
Zweitens: Ein System ist umso empfänglicher für Störungen und Erschütterungen, je weniger Redundanzen es enthält bzw. je mehr es sich auf wenige oder gar einzelne Ressourcen abstützt.
Drittens: Ein Mechanismus, der per definitionem amoralisch ist, weil er nach den ihm eigenen Gesetzmäßigkeiten moralische und ethische Erwägungen nicht berücksichtigen kann, ist nicht geeignet, um mit humanitären Katastrophen in einer ethisch-moralisch akzeptablen Art und Weise umzugehen.

Ist ein Zurück zu einem status quo ante möglich, zu einer Welt, welche nicht alles und jeden optimieren will? Zu einer Welt, in der wir uns eine nicht bis in Extrem optimierte Nutzung landwirtschaftlicher Ressourcen erlauben können? Eine Welt, in der auch das nicht Nützliche auf diesem Planeten seinen Platz findet? Oder haben wir uns längst in eine Optimierungsfalle begeben, aus welcher wir ohne wesentliche Einschnitte auch bei uns als Spezies nicht herauskommen? Braucht es einen Bevölkerungsrückgang der Menschheit, oder müssen wir den Ressourcenverbrauch jedes Einzelnen massiv einschränken? Und wie sollen diese Möglichkeiten umgesetzt werden? Oder haben wir als Menschheit dank unserer wissenschaftlichen Fortschritte einen Punkt erreicht, wo immer weitere und ungehemmtere Optimierung uns aus dieser dargestellten Falle führen kann und wird? Was wären die Konsequenzen dieser Lösung, für uns, für die Natur, die uns umgibt und letztlich für den gesamte Planeten?
Ich fürchte, Antworten auf diese, wie Harald Lesch sie nennen würde „dumm und dusselig“-Fragen kann ich an dieser Stelle nicht bieten. Nur meinen ganz persönlichen Zweifel, dass dies alles zwangsläufig eine „Erfolgsstory“ werden wird. Dafür scheint mir die gesamte Problematik doch zu komplex.
Einen Delphin gab es schließlich auch zu sehen, der durch den Killary Harbour seine Kreise zog. Ein wundervoller Anblick war dies, wie er dort im Wasser schwamm unter der Sonne am blauen Himmel, die nur von ein paar Schäfchenwolken verdeckt wurde. Ein uralter Leuchtturm stand auf einem Inselchen und links und rechts erhoben sich sanft die Hänge des Fjordes mit ihren kleinen Steinmäuerchen, die mich so ins Grübeln gebracht hatten.

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